Zunächst einmal immer dann, wenn die versicherte Person einen Unfall hatte. Was wie eine blanke Selbstverständlichkeit klingt ist für Versicherungsjuristen aber alles außer selbstverständlich.

Denn nicht immer dann wenn man geneigt ist, von einem Unfall zu sprechen, liegt auch ein Unfall im Sinne der Vertragsbedingungen (in der Regel als Allgemeine Unfallbedingungen bzw. AUB bezeichnet) vor. Insbesondere bei hohen Invaliditätsleistungen und /oder Unfallrenten wird seitens der Versicherer ganz genau hingeschaut. Zahlen macht eben keinen Spaß, und manchmal schießen Versicherer bei der Leistungsprüfung auch über das Ziel hinaus.

Ein Versicherungsnehmer hatte sich beim Beachvolleyball im Türkeiurlaub erheblich und dauerhaft am Bein verletzt. Beim Versuch noch an dem Ball zu kommen, machte er einen großen Ausfallschritt mit dem rechten Bein. Der linke Fuß blieb jedoch im Sand stecken und das Knie wurde derart verdreht, dass er das Gleichgewicht verlor, zu Boden fiel und sich anschließend im so genannten Hürdensitz, also mit dem Gesäß auf dem Sprunggelenk, wieder fand. Beim instinktiven, sofortigen Versuch sich wieder aufzurichten hatte es sich dann für den Versicherten im Knie so angefühlt, als wenn „ein Klettverschluss aufgerissen“ würde.

Der Versicherte hat den Unfall als solchen seiner Privaten Unfallversicherung gemeldet. Zu seiner Überraschung durfte er von dort erfahren, dass er gar keinen „Unfall“ (im Sinne des Versicherungsbedingungen) hatte; vielmehr sei die Verletzung Folge einer willensgesteuerten Eigenbewegung, mithin ein innerer Vorgang. Das wollte der Versicherte somit Echt nicht hinnehmen und zog vor Gericht –mit Recht!

Zunächst und ganz allgemein liegt ein Unfall definitionsgemäß nur dann vor, wenn die versicherte Person durch ein plötzlich und von außen auf ihren Körper wirkendes Ereignis unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleidet. Eigenbewegungen und rein innere Vorgänge sollen also nicht erfasst werden. Das kann man auch als versicherte Person durchaus noch verstehen.

Die Auffassung des Versicherers aber, es handele sich bei dem gegenständlichen Vorfall um einen rein inneren Vorgang, war dagegen auch für das Oberlandesgericht Nürnberg (Az. 8 U 1915/16) nicht mehr nachvollziehbar. Zwar mag es sein, dass es sich im Ansatz noch um eine gesteuerte (und damit zunächst nicht versicherte) Eigenbewegung gehandelt hat. Jedoch spätestens mit dem Steckenbleiben des linken Fußes im Sand war der Ablauf nicht mehr vom Willen des Versicherten gesteuert bzw. „aus dem Ruder gelaufen“:

„Erforderlich ist, dass die geplanten Bewegungsabläufe nicht programmgemäß verlaufen. Ihr Ablauf oder Abschluss muss von außen gestört oder behindert werden. Dass im Rahmen einer gewollten Bewegung eine Verletzung erlitten wird, ist noch kein Unfallereignis. Die Bewegung muss anders als gewollt verlaufen oder abgeschlossen werden“.

Wird also der zunächst geplante Ablauf von außen gestört oder behindert, liegt damit auch eine Einwirkung von außen vor. Damit erteilte das Oberlandesgericht Nürnberg der Rechtsauffassung des Versicherers eine Absage.

Weitere Beispiels aus der Rechtsprechung:

  • Ein Unfall liegt nach OLG Hamm (20 U 05/07)  vor, wenn ein Fußballspieler während des Spiels aufgrund einer Bodenunebenheit auf einem Bolzplatz umknickt
  • Ein Unfall liegt nach OLG Celle (2009 8 U 131/08) nicht vor, wenn ein Skifahrer, der nach einem Ausweichmanöver in einen Haufen mit lockerem Schnee fuhr, daraufhin stürzte und sich verletzte. Der BGH (IV ZR 29/09) hat dies korrigiert und klargestellt, dass zwar die Ausweichbewegung des Skifahrers willensgesteuert war, allerdings nicht der darauffolgende Sturz, der zu der Schädigung der linken Schulter führte.
  • Das Oberlandesgericht München urteilte 2012, dass die Verletzung eines Torwarts, der sich beim Abschlagen des Balles einen Muskelriss zuzog, einen Unfall darstellt (OLG München 25 U 3980/11). Dies begründet das OLG mit der Tatsache, dass der Kläger sein Bein zwar absichtlich maximal gestreckt habe, um den Ball noch zu erreichen, dies jedoch nicht zu einer Verletzung geführt hätte, wenn er den Ball verfehlt hätte. Somit ist eine unmittelbare Einwirkung von außen (durch den Ball!) gegeben und ein Unfall liegt vor.
  • Das Kammergericht Berlin hat hingegen 2014 entschieden (KG Berlin 6U 54/14), dass eine Klägerin mit einem umgeknickten Fuß keinen Unfall erlitten hat und somit auch keinen Anspruch gegen ihren Unfallversicherer hat, solange sie nicht beweisen kann, dass sie auf Blättern ausgerutscht ist. Da die Klägerin sich die Verletzung nicht durch einen Sturz, sondern bei einem Bewegungsablauf zuzog und die Verletzungshandlung nicht durch ein von außen einwirkendes Ereignis (Blätter) zustande kam, wurde der Unfallbegriff als nicht erfüllt angesehen.
  • Ebenfalls lag nach Ansicht des Oberlandesgericht Hamm 2015 kein Unfall vor, als ein Golfer durch einen misslungen Abschlag und einen daraus resultierenden ungeplanten Ausfallschritt einen Bandscheibenvorfall erlitt (OLG Hamm I-20 U 77/15). So sah das OLG die Schlagbewegung und den daraus resultierenden Durchschwung als vom Kläger gewollt und den Ausfallschritt als nicht hauptursächlich für die Verletzung an.