Das Landgericht Ansbach hatte erstmals über Regressansprüche eines Haftpflichtversicherers aus abgetretenem Recht zu entscheiden. Gemäß der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes hat der durch den Unfall Geschädigte Schadensersatzansprüche gegen die Werkstatt an den Haftpflichtversicherer des Unfallverursachers abgetreten. Im Gegenzug hat der Versicherer den restlichen Werklohn an die Werkstatt erstattet und noch mit der Zahlung diesen wieder bei der Werkstatt – unter Hinweis auf einen Prüfbericht (Rechnungsprüfung) zurückgefordert. Die Regressklage des Haftpflichtversicherers blieb auch in zweiter Instanz ohne Erfolg.

Die 1. Instanz macht kurzen Prozess … und weist die Klage des Versicherers ab

Das Amtsgericht Weißenburg in Bayern ist seiner Linie auch mit Urteil vom 16.05.2023, Aktenzeichen 1 C 500/22 treu geblieben; das Ansinnen des Versicherers wurde zurückgewiesen und der Sache wurde im wahrsten Sinne des Wortes ein kurzer Prozess gemacht. Das Amtsgericht brauchte für die Entscheidungsgründe nur knapp eine Seite und führt aus:

Grundsätzlich geht das Gericht dabei davon aus, dass wie bereits in der Entscheidung des hiesigen Gerichts vom 29.06.2022, Az. 1 C 29/22, ausgeurteilt, Schadensersatzansprüche gegen die Werkstatt (wegen einer Aufklärungspflichtverletzung) ausscheiden, wenn der oder die Geschädigte, selbst ein außergerichtliches Sachverständigengutachten erholt und auf Grundlage desselben dem Reparaturbetrieb einen Reparaturauftrag erteilt.

In diesem Fall ist gerade kein Wissensvorsprung mehr der Werkstatt als Reparaturbetrieb gegeben, welcher etwaige Hinweispflichten auslösen würde.

Das Landgericht geht die Sache anders an … und weist die Klage des Versicherers ab

Das Landgericht hat es sich unnötig kompliziert gemacht, zunächst eine ebenso unnötige Beweisaufnahme durchgeführt und nach kontroverser Verhandlung die Berufung des klagenden Haftpflichtversicherers auf acht Seiten Entscheidungsgründe ausführlich zurückgewiesen. So führt das Landgericht umfangreich zu einer möglichen Pflichtverletzung der Werkstatt aus, um sodann die Fragen der Kausalität und des Schadens mangels nachgewiesener Pflichtverletzung dahinstehen zu lassen.

Das hätte das Landgericht auch einfacher haben können. Der klagende Haftpflichtversicherer hatte nämlich weder zur Kausalität noch zum Schaden auch nur vorgetragen, also kein Vortrag dazu, auf was die beklagte Werkstatt den Geschädigten bei Erteilung des Reparaturauftrages in Erfüllung einer Nebenpflicht überhaupt hätte hinweisen sollen und auch nicht dazu, wie sich aus dieser unterbliebenen Aufklärung für den durch den Unfall Geschädigten Auftraggeber ein Schaden ergeben haben soll.

Und selbst wenn dies alles der Fall gewesen wäre, ist eine Kausalität für den behaupteten Schaden auch nicht indiziert (es gibt hier keine Vermutung eines beratungsgerechten Verhaltens), wie das Landgericht Köln mit Beschluss vom 24.01.2024 – 6 S 168/23 zurecht ausgeführt hat:

Den von der Berufung monierten Hinweis hinzugedacht, hätte sich der Geschädigte in einem Entscheidungskonflikt wiedergefunden. Der Hinweis der Werkstatt hätte – der Berufung folgend – den Ausführungen des Schadensgutachtens widersprochen. Es ist kein Grund dafür vorgetragen oder anderweitig ersichtlich, dass der Geschädigte einem Hinweis der Werkstatt den Vorzug vor der Bewertung des Sachverständigen gegeben hätte.

Das Landgericht Ansbach hätte also kurz zu (fehlender) Kausalität und Schaden ausführen und sodann die behauptete Pflichtverletzung dahinstehen lassen können.

Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht?

Stattdessen beschäftigt sich das Landgericht umfangreich mit einer vermeintlichen Pflichtverletzung der beklagten Werkstatt. Hierbei geht es davon aus, dass der klagende Haftpflichtversicherer hinreichend substantiiert zu einer Pflichtverletzung vorgetragen hätte und deswegen in die Beweisaufnahme eingetreten werden musste.

Zur Begründung des (vermeintlich) hinreichend substantiierten Vortrages einer Pflichtverletzung wird ausgeführt, dass „der Kläger hinreichend substantiiert zur aus seiner Sicht fehlenden Erforderlichkeit der Maßnahmen durch Vorlage eines Prüfberichts und die Angriffe in der Klageschrift vom … vorgetragen“ hätte.

Mit der Klageschrift wurden jedoch lediglich die Ausführungen im Prüfbericht zu den einzelnen, monierten Positionen im wesentlichen Wort für Wort wiederholt. Nachdem überdies Rechnungsprüfungen naturgemäß erst nach Erteilung des Reparaturauftrages, Durchführung der Arbeiten und Rechnungsstellung durch die beklagte Werkstatt erstellt werden, kann dadurch ein Vortrag zu einer Pflichtverletzung der Werkstatt gegenüber dem Auftraggeber aus dem Werkvertrag per se nicht ersetzt werden.

Für die vermeintliche Notwendigkeit einer Beweisaufnahme werden sodann ausschließlich Entscheidungen des Bundesgerichtshofes angeführt, die im Zusammenhang mit der fiktiven Schadensabrechnung, mithin im Verhältnis Schädiger/Geschädigter ergangen sind (BGH vom 25.09.2018-VI ZR 65/18, BGH vom 07.02.2017-VI ZR 182/16). Das Landgericht weist hierauf sogar explizit hin, erkennt jedoch nicht, dass es sich hierbei um völlig unterschiedliche Konstellationen handelt, die entsprechend unterschiedlich behandelt werden müssen.

Natürlich hat der Geschädigte gegenüber dem Schädiger zum unfallbedingten Schaden vorzutragen und diesen – sofern der Haftpflichtversicherer (auch durch Vorlage eines Prüfberichts) substantiiert bestreitet – Beweis zu führen.

Aber warum sollte diese im Verhältnis des Geschädigten gegenüber der Werkstatt eine Pflichtverletzung der Werkstatt gegenüber den einen Reparaturauftrag erteilenden Kunden begründen? Warum sollte ein Gutachten zur Erforderlichkeit einzelner Schadenspositionen aus der Sicht ex-post irgendeinen Einfluss auf die Nebenpflichten der Werkstatt gegenüber deren Kunden/dem Geschädigten haben?. Auf was hätte die Werkstatt den Kunden/den Geschädigten denn hinweisen sollen?

Nebenpflicht, keine unbegründeten Ansprüche geltend zu machen

Das Landgericht ist sich seiner Sache offensichtlich selbst nicht mehr so sicher und unternimmt dann noch einen 2. Anlauf:

Aus Sicht der Kammer trifft die Beklagte – auch bei Beauftragung „laut Gutachten“ – eine Nebenpflicht, keine unbegründeten Ansprüche geltend zu machen bzw. auf überhöhte Sätze oder nicht erforderliche Posten im Gutachten vorab hinzuweisen.

Im Grunde kann dem noch beigepflichtet werden. Allerdings müssen dann die monierten Positionen schon aus der Sicht ex-ante und deutlich erkennbar (Evidenz) unbegründet oder nicht erforderlich sein.

Zwar hat das Landgericht den ursprünglichen Beweisbeschluss (der Sachverständige sollte nur Stellung nehmen zur Erforderlichkeit der monierten Positionen, quasi so als ob ein Geschädigter Schadensersatzansprüche gegen den Schädiger geltend macht) mit weiterem Beschluss noch dahingehend ergänzt, ob diese dann fehlende Erforderlichkeit für die Werkstatt auch erkennbar war.

Allerdings möchte die entscheidende Kammer dann auch noch von einem Wissensgefälle des Geschädigten gegenüber der Werkstatt ausgehen. Ein solches Wissensgefälle ist sicher gegeben bei einer freihändigen Beauftragung der Werkstatt. Vorliegend wurde jedoch zunächst ein Sachverständigengutachten eingeholt und damit ist wiederum ein Wissensgefälle entstanden – nunmehr allerdings vom sachverständig beratenen Kunden hin zum Werkunternehmer.

Diese Sichtweise ist deswegen besonders irritierend, weil gerade auch Gerichte, wenn sie bei technischen Fragestellungen nicht weiterwissen, sich nicht an die Werkstätten wenden, sondern an Sachverständige.

Mehr als eine Plausibilitätskontrolle kann damit auch seitens der Werkstatt nicht geschuldet sein. Im Urteil bleibt offen, ob der Beweisbeschluss dahingehend zu verstehen sein soll. Letztlich kam es hierauf jedoch nicht mehr an.

Überflüssige Beweisaufnahme mit eindeutigem Ergebnis

Sodann setzt sich das Landgericht Ansbach umfangreich mit den einzelnen Positionen auseinander, die der Haftpflichtversicherer im Gewande eines Prüfberichts monieren ließ.

Auftragsgemäß hatte der gerichtlich bestellte Sachverständige diese Positionen auf Erforderlichkeit und Erkennbarkeit überprüft. Die Mehrzahl der monierten Positionen wurde bereits als erforderlicher Aufwand bestätigt, also bereits als objektiv erforderlich. Bezüglich der Positionen, die die Lackierung betreffen, fehlt es an einer Erkennbarkeit für die Werkstatt, da diese nicht über eine eigene Lackiererei verfügt.

Bezüglich der willkürlich gekürzten Verbringungskosten kann das Gericht anhand des Vortrages der beklagten Werkstatt die Angemessenheit der in Rechnung gestellten Kosten schätzen und bestätigt diese.

Landgericht betont Preisfindungsrecht der Werkstatt

Bezüglich der „Sicherheitsmaßnahmen diverse Schoner“ hat der gerichtlich bestellte Sachverständige ausgeführt, dass diese nicht erforderlich sind und dies wäre auch für die beklagte Werkstatt erkennbar gewesen, da diese Kosten bereits in den Gemeinkosten enthalten sind.

Diese apodiktische Aussage erteilt das Landgericht Ansbach zu Recht eine Absage und betont das Preisfindungsrecht der Werkstatt:

Es bleibt ihr (Anmerkung: der Werkstatt) unbenommen, ob sie derartige Arbeiten bei ihrer Tätigkeit in die allgemeinen Gemeinkosten einpreist oder nicht. Wie bei der Ausweisung von Kosten für ein Hygienekonzept, was aus Sicht der Kammer vergleichbar ist, steht es der Beklagten im Rahmen ihrer betriebswirtschaftlichen Entscheidungen frei, ob sie derartige Kosten gesondert ausweist oder intern mit „einpreist“ (BGH, Urteil vom 13.12.2022 – VIZR 324/21, NZV 2023, 115, Rn. 16).

Auch keine Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung

Und bezüglich der vermeintlichen Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung fasst sich das Landgericht Ansbach kurz:

Überdies erfolgte die Zahlung auf die aus Sicht des Klägers überhöhte Rechnung nach Ansicht der Kammer mit Rechtsgrund. Rechtsgrund ist der zu Grunde liegende Werkvertrag zwischen der Geschädigten und der Beklagten. Denn der Vergütungsanspruch wird durch eine Nebenpflichtverletzung gerade nicht gemindert und besteht deshalb in der in Rechnung gestellten Höhe für die ausgeführten Arbeiten fort.

Auch der BGH (Urteil vom 01.06.2017 – VII ZR 95/16) hat schon klargestellt, dass ein solcher Rückzahlungsanspruch ausscheidet, wenn der zwischen Geschädigten und der beklagten Werkstatt geschlossene Werkvertrag nicht nichtig und die Zahlung von der getroffenen Vereinbarung gedeckt ist.